Ein Leben als Kamälion
Es war ein kleines Zimmer. War es ein Warte- oder ein Sprechzimmer? Ein paar Sessel, ein paar Stühle, ein alter, ein neuer Schrank, ein Fotokopierer. Viele Prospekte, der Schreibtisch, nicht unordentlich, nicht aufgeräumt. Der Fotokopierer unaufgeräumt. Erste Rückschlüsse auf die Therapeutin folgten. Alles ganz natürlich. Keine Kameras und grellste Farben, härteste Kontraste wie so oft bei anderen Therapeuten. Rundum ich fühlte mich wohl, wenn auch auf stärkste angespannt in der Erwartung auf die Therapie. Ich entschloss mich meinen Mantel an der Garderobe im Flur aufzuhängen, obwohl ich dies normalerweise nur nach Aufforderung tue. Nach einer Weile erschien die Therapeutin und wies mich in das Sprechzimmer. Sie blieb zurück, lies mich vorgehen. Es war auch ein kleiner Raum. An der Wand stand ein Schreibtisch. Zwei Sessel und eine Sitzcautsch waren wie im Dreieck aufgestellt. Ein Fenster gab helles Licht. Sie sagte: "Suchen Sie sich einen Platz, ich habe keinen Bestimmten." Ich sagte, mir sei der Platz auch egal, wollte aber keine Zeit mit unsinnigem Widerspruch verlieren und setzte mich auf den Sessel mit dem Rücken zum Fenster.
Das Gespräch begann. Sie fragte nach meinen Vorstellungen und Wünschen zur Therapie. Meine persönlichen Daten, den Beruf, Familienstand erfragte Sie nebenbei, als wären Sie ganz belanglos. Es war eine sehr interessante anregende Unterhaltung. Kaum Sprünge, nicht bohrend, recht flüssig. Eines meiner Anliegen war, dass ich jetzt als Rentner vieles machen könnte, aber nicht wisse was ich machen solle, weil ich bisher meist nach einer gewissen Zeit alles wieder beendet hätte oder keinen Spaß mehr daran habe. Als prägnantes Beispiel führte ich meinen Beruflichen Werdegang an. Sie fragte nach den Hobbys. Ja ... habe ich ein richtiges Hobby - eigentlich nicht so richtig.
Wir kamen auf Musik zu sprechen. Die höre ich sehr gerne, moderne Musik, Musik aus meiner Jugend, aber in gehobener Qualität. Aber selbst ein Instrument spielen, "Das kann ich nicht" - "Schon mal probiert" "Das hat keinen Sinn, so schnell den Takt halten, die vielen Bewegungen gleichzeitig, Ja Spaß hätte ich an einer Elektronenorgel, wenn ich sie spielen könnte. Und nur zum Probieren viel zu teuer"
Ob ich schon mal ein Tagebuch geführt habe. "Nein, da sehe ich keinen Sinn drin, und schreiben kann ich nicht, ich mache zu viele Rechtschreibfehler." "Auch jemand mit dem man das Schreiben durch die Rechtschreibung vergrault hat." Sie stellte die Rechtschreibung als unwichtig hin. Mir gefiel das sehr und fügte hinzu:" Nicht nur mit Rechtschreibung sondern auch mit dem Zwang zur Schönschrift hat man mir das Schreiben vergrault.
Sie meinte ich sollte mir eine Sammlung all dessen anlegen, was ich einmal gerne mache würde aber noch nie versucht hätte. Und ein weiterer Rat ich solle auch durchaus einmal etwas unvernünftiges machen. Sollte ruhig auch mal einen Tag probieren, ob mir etwas Spaß machen würde.
Nach etwa einer Stunde meinte Sie, das es eine interessante Therapie werden könnte und überließ mir die Wahl ob wir 25 oder 45 Therapiestunden beantragen sollten.
Ich erhielt noch einen Fragebogen zum Lebensscribt, den ich ausfüllen, aber mich auf keinen Fall damit quälen sollte.
Auf dem Rückweg fühle ich mich sehr befreit. War es die Erlösung von der Erwartung, war es das ich Hoffnung auf die Terapie setzte. Immer wieder ging mir durch den Kopf - Einmal etwas Unvernünftiges tun. - Ein Toller Gedanke. Während der Fahrt versuchte ich dann mit meinem Verstand mir etwas unvernünftiges zu überlegen, was ich machen könne. Das ist garnicht so einfach. Das befreite Gefühl schwand und mir wurde das Paradox klar.
Aber die Idee mit dem Schreiben. Es war nicht das erste Mal, dass man mir riet zu Schreiben. Ein Buch zu schreiben riet man mir. Aber jetzt der Rat einfach zu Schreiben ohne Rücksicht auf Rechtschreibung, ohne Ziel einfach...ja, unvernünftig, einfach um des Schreibens willen zu schreiben. Diese Idee fesselte mich und so begann ich mit dem Text.
Wer mehr erfahren möchte, der schreibe eine Mail an:
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